Vorwort
Musik nach Bildern - Datenbank
Bildbezogenes Komponieren stellt einen bedeutenden Bestandteil der
Musik- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts dar und ist
auch in der zeitgenössischen Musik von ungebrochener Aktualität, da sich
zahlreiche Komponisten insbesondere des europäischen, des
nordamerikanischen und des südamerikanischen Raumes sowie in Australien
von bildender Kunst inspirieren lassen.
Auch in der Musikwissenschaft ist das Interesse an den Beziehungen
und Wechselwirkungen zwischen visuellen und auditiven Kunstformen sowie
an bildbezogenem Komponieren seit den letzten Jahrzehnten des 20.
Jahrhunderts merklich angestiegen. In den Jahren 1982 und
1985 unternahm Klaus Schneider einen
ersten Versuch, Kompositionen zu erfassen, die Werke der bildenden Kunst
reflektieren. Nahezu zeitgleich legte Monika Fink mit der 1986
approbierten und 1988 publizierten Dissertation „Musik nach Bildern“ einen erstmaligen Überblick über
diesen Themenbereich in Form eines Verzeichnisses von 633
diesbezüglichen Kompositionen und ausgewählten Analysen vor.
Bildbezogenes Komponieren wurde von der Musikwissenschaft seither in
etlichen Teilbereichen und Einzelaspekten, aber nicht umfassend
erforscht. Auch in den materialreichen Untersuchungen von Helga de la
Motte-Haber oder Simon Shaw-Miller, in welchen Tendenzen, Theorien und
Phänomene aufgezeigt werden, die die Kunstgattungen überschreiten und
hierdurch eine neue Ästhetik begründen, kann dem Komponieren nach
Bildern kein – wie bei Shaw-Miller – oder – wie bei de la Motte-Haber –
nur ein knapper Raum gewidmet werden. Dies trifft ebenso auf
Publikationen zu, die zwar als „Musik nach Bildern“ betitelt sind, sich
jedoch lediglich mit einzelnen Kompositionen
oder mit Teilaspekten dieses Bereiches befassen. Auch
Siglind Bruhn beschränkt sich in ihren detailreichen Studien auf die Analyse von Fallbeispielen.
Besprechungen ausgewählter Beispiele kennzeichnen auch die breit
angelegte Publikation von Jörg Jewanski und Hajo Düchting
sowie die diesbezüglichen Studien, die musiksemiotische Ansätze
miteinbeziehen oder Verbindungen von Komponisten
mit bildender Kunst thematisieren. Auch Studien im
Bereich der Intermedialitätsforschung
können bildbezogene Kompositionen nur in Teilbereichen
berücksichtigen.
Weite Gebiete des bildbezogenen Komponierens sind noch unerforscht.
Dies betrifft auch die terminologische Klärung, da für den
Spezialbereich des bildbezogenen Komponierens in der Musikwissenschaft
eine verbindliche Terminologie fehlt und bisher höchst individuelle
Begriffe und ästhetische Kategorien, wie beispielsweise Bildvertonung, musikalische Ekphrasis, Transposition,
Transformation, verwendet werden. Auch die
Erstellung eines Grundrisses einer Theorie des bildbezogenen
Komponierens steht noch aus. Aufzuarbeiten wären hierbei diejenigen
Theorien der Kunst- und Musikwissenschaft sowie die Erkenntnisse der
Wahrnehmungspsychologie, der Kognitionswissenschaft und der
Intermedialitätsforschung, die Analogien zwischen bildender Kunst und
Musik beinhalten. Mit einem systematisch durchgeführten Vergleich von
bildlichen und musikalischen Gestaltungsformen
als einzeln wahrgenommene Phänomene, als Teile einer Gesamtordnung und
integriert in den Wahrnehmungszusammenhang des konkreten Werkes könnten schließlich Kriterien der
Vergleichbarkeit von auditiven und visuellen Gestaltungsmitteln und
Kompositionsprinzipien erstellt werden. Ein systematischer Vergleich
musikalischer und bildnerischer Gestaltungsmittel und Parameter wiederum
kann die Grundlage für die Entwicklung eines kunstspartenübergreifenden
Analysekonzeptes bilden.
Die systematische Erforschung des bildbezogenen Komponierens ist nur
mittels eines umfassenden, verlässlichen Materialbestandes möglich,
dessen Erfassung bislang fehlt, da kein Lexikon diesbezüglicher Werke
existiert. Diese Lücke zu schließen, ist Ziel
dieser Datenbank, mit welcher im Jahre 2006 auf der Grundlage der
jahrelangen Forschungs- und Lehrtätigkeit der Autorin auf dem Gebiet des
bildbezogenen Komponierens begonnen wurde. Die Datenbank beinhaltet eine
Erstellung von Kompositionen, die sich auf Künstler und Werke der
bildenden Kunst beziehen sowie der Künstler und Kunstwerke, die
musikalisch reflektiert werden. Folgende Werke werden in die Datenbank
aufgenommen:
Instrumentalwerke, die sich auf konkrete Werke der bildenden
Kunst beziehen; hierbei sind die Kunstwerke in den Titeln der
Kompositionen bzw. der einzelnen Sätze benannt.
Instrumentalwerke, die sich auf Künstler beziehen, ohne Nennung
von konkreten Kunstwerken. Hierbei verweisen die Kompositionstitel auf
bildende Künstler, nicht jedoch auf Kunstwerke. Methoden,
bildkünstlerische Verfahren und Techniken sowie die Charakteristiken
eines künstlerischen Stils bildeten hierbei die Inspiration für die
jeweiligen Kompositionen.
Vokalwerke, die sich auf konkrete Werke der bildenden Kunst
beziehen; hier wird die intermediale Perspektive von Bild und Musik
durch die des Textes erweitert.
Ebenfalls aufgenommen werden Opern bzw. Filme nach bildenden
Künstlern, sofern in diesen auch Kunstwerke eine Rolle spielen, sowie
Vertonungen von Bilderbüchern.
Nicht aufgenommen werden Bildvertonungen aus dem Bereich der
Popularmusik – da dies den Umfang sprengen würde - musikalische
Improvisationen zu Bildern sowie Klangskulpturen bzw.
Klanginstallationen.
In Bezug auf die Musik erstreckt sich der erfasste Zeitraum vom Jahr
1839, in welchem Franz Liszt mit dem nach dem Gemälde „Lo Sposalizio“
von Raffael komponierten gleichnamigen Klavierstück das früheste bisher
bekannte Beispiel einer durch ein Einzelbild inspirierten Komposition
schuf, bis zur unmittelbaren Gegenwart.
Bei den Werken der bildenden Kunst beginnt – chronologisch gesehen – die
musikalische Reflexion bei den prähistorischen Höhlenmalereien von
Altamira im zweiten Jahrtausend v. Chr. und
erstreckt sich über sämtliche kunsthistorische Epochen und Stile bis hin
zur Gegenwart, mit einem deutlichen gattungsmäßigen Schwerpunkt auf
Werken der Malerei. Bestimmte Kunstwerke bzw. Künstler dienten
Komponisten besonders häufig als Inspirationsquelle. Hierbei ist an
erster Stelle das „Guernica“-Bild von Pablo Picasso zu nennen, gefolgt
von der Serie der „Caprichos“ von Francisco de Goya sowie von Bildern
von Paul Klee.
Bei einem Komponieren nach Bildern spielen Fragen nach dem Anlass und
der Beziehung des Komponisten zu dem künstlerischen Gegenstand, den er
in Musik setzt, eine Rolle. Bildende Kunst kann nur auf einer
metaphorischen Ebene oder als Inspirationsquelle für einen Komponisten,
also entstehungsgeschichtlich, jedoch nicht für das Verständnis von
Belang sein; bildende Kunst kann jedoch auch als ästhetisch essenziell
zu betrachten sein. In diesem Fall bestimmt das außermusikalische Sujet
die musikalische Ausformung; es können im Gesamten neue musikalische
Vorstellungen legitimiert bzw. die bildliche Vorlage kann für einzelne
musikalische Parameter bedeutsam werden.
Gegenwärtig sind in der Datenbank mehrere tausend Kompositionen sowie
Kunstwerke digital erfasst und zum Teil mit folgenden Metadaten
indiziert:
Komponisten |
|
Kompositionen |
Haupttitel der Komposition; ggf. Zusatz zum Haupttitel
Entstehungsjahr
Opuszahl
Besetzung
Satztitel
Textdichter/Textvorlage (bei Vokalwerken)
Verlag, Verlagsort und Erscheinungsjahr; ggf. Link zum Verlag
Bearbeitungen
Bemerkungen zur Komposition
|
Künstler |
|
Kunstwerke |
Titel des Kunstwerkes
Entstehungsjahr
Technik/Materialart
Maße
Standort; ggf. Link zur Website des Museums/Standortes
Bemerkungen zum Kunstwerk
Ggf. Link zu einer bestehenden Abbildung im Internet
|
Die Datenbank wird laufend erweitert, ebenso werden laufend die
fehlenden Metadaten ergänzt. Ziel dieser Datenbank ist die möglichst
vollständige Erfassung bildbezogener Kompositionen.
Diese Erfassung der Kompositionen erfolgte in den Anfangsjahren durch
Sichtung von Verlagskatalogen, Werkverzeichnissen, Konzertprogrammen und
Websites von Komponisten sowie durch die Zusammenarbeit mit RIdIM
(Répertoire International d’Iconographie Musicale, New York).
Mittlerweile erfolgt die Erfassung durch Zusendungen diverser
Medienunternehmen sowie durch Zusendungen von Komponisten, bildenden
Künstlern, Musikwissenschaftlern und Kunsthistorikern. Für die
zahlreichen Hinweise, die zu einer steten Erweiterung der Datenbank
beitragen, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Monika Fink, Innsbruck 2024
Projektleitung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Monika Fink: monika.fink@uibk.ac.at (Publikationsliste)
Projektmitarbeiterin
Miriam Mira Reiber, BA BA MA: Miriam.Reiber@uibk.ac.at
Ehemalige Mitarbeiter
Dipl.-Ing. (FH) Mag. Dr. Andrea Sammer, Mag. Dr. Lukas Christensen
Für weitere Hinweise auf Kompositionen nach Bildern sind wir sehr dankbar.
Hinweise bitte an: monika.fink@uibk.ac.at
Zahlreiche Hinweise verdanken wir Herrn Alfred Kuhn (E-Musik-Dokumentar, Saarländischer Rundfunk, Saarbrücken).
Preface
Music based on visual arts - database
Musical compositions based on visual arts are essential elements in
the music and cultural history of the 19th and 20th centuries and also
play an integral role in contemporary art, since numerous composers –
especially in Europe, North America, South America and Australia – have
derived much inspiration from the visual arts.
Also the interest shown by musicologists for the relationships and
reciprocalities between visual and auditory forms of art has increased
noticeably in the last few decades. In 1982 and
1985 Klaus Schneider attempted, for the
first time, to itemize musical compositions which reflect visual
artworks. Almost contemporaneously Monika Fink presented her doctoral
thesis (approved in 1986 and published in 1988) entitled “Musik nach
Bildern,” which for the first time provided an
overview of this subject area in the form of an annotated collection of
633 compositions related to this topic. Since that time musical
compositions based on visual works of art have been given partial
treatment by musicologists relative to certain individual aspects, but
the subject area has by no means been thoroughly researched and
reviewed. In the exhaustive researches by Helga de la Motte-Haber or Simon Shaw-Miller, in
which they note diverse interdisciplinary trends, theories and
phenomena, which apparently postulate crossovers between art genres and
thus new aesthetical conceptions, no – in the case of Shaw-Miller – or –
in the case of de la Motte-Haber – only a short discussion is allotted
to the composing of music after visual works of art. This is also the
case with publications which, although given titles such as "Music based
on Pictures", merely deal with individual compositions or
with partial aspects of this subject area. In her very
detailed publications Siglind Bruhn also limits herself to
analyses of selected case studies. Even such a broadly based publication
as that by Jörg Jewanski und Hajo Düchting,
studies on music semiotics, on the relationships
between visual and auditory forms or on intermediality can only treat selected
examples.
Broad areas of the theme picture-related compositions remain entirely
unresearched. In the special domain of music composition based on visual
artworks musicology still lacks an acceptable and viable terminology. A
basic concept for a theory of visually based composing must begin by
sorting out and clarifying conventional, highly individualistic
conceptions and aesthetic categories, such as setting pictures to
music, musical ekphrasis,
transposition, and transformation.
Subsequent to this clarification of terminologies the next step could be
to work with those fine arts and music theories, also integrating the
findings from perceptual psychology and cognitive science which deal
specifically with analogies between the visual arts and music.
Fundamental enquiries could be made into the comparability of visual art
and music, which are perceived separately through different sensory
systems, as well as into the comparability
of the elemental components and configurations of pictorial and musical
compositions. Using systematic comparisons of visual and musical
configurations as individually perceived phenomena, as parts of a
comprehensively ordered whole and as integrated into the perceptual
context of a concrete work, such criteria of
comparability between auditory and visual structuring elements and
principles of composition could be explored and concretised. A
systematic comparison of musical and pictorial configurative elements
and parameters could form the basis for the development of a
comprehensive, integrative and interdisciplinary concept of art
analysis.
Systematic research dealing with musical compositions based on the
visual arts is only possible by collecting and utilizing comprehensive,
reliable source materials, which up until now have been lacking, because
no encyclopedia of such works existed.
The present database, begun in September 2006 and based on the author’s
year-long researches and teaching activities in the area of music
derived from the visual arts, aims to close that gap. The database
includes musical compositions which are cross-referenced to artists and
their works in the area of visual arts, as well as cross-references
between artists and works of art which reflect musical compositions.
Following works are included in the database:
Instrumental compositions based on specific artworks, which are
cited in the titles of the mouvements.
Instrumental compositions inspired by artists, without a
reference to a particular work of art. In this group the titles refer to
visual artists, not however to works of art themselves. These
compositions are inspired by the artist’s methods, techniques and
styles.
Vocal works based on iconographic programs. In these works the
intermedial point of view is extended by means of a text.
Operas and films based on artists, as well as picture books set
to music.
Not included in the database are the wide areas of popular music
based on visual arts, musical improvisations, sound sculptures and sound
installations.
With respect to music, the time that stretches up to the immediate
present time of the 21st century, begins in the year 1839, in which
Franz Liszt composed the earliest known example of a piece of music
based on a single visual theme, namely the piano work “Lo
Sposalizio”, which had as its inspiration a painting of the
same name by Raffael. As to the visual artworks, the
chronology of musical reflections begins with the prehistorical cave
paintings of Altamira from the second millennium B.C. and
continues throughout all art history epochs and art styles up until the
present, with special genre emphasis on painting. Some visual works of
art are most often set to music. According to the present research
findings Pablo Picasso’s “Guernica”, Francisco de Goya’s “Caprichos” and
pictures by Paul Klee have been preferred by composers as foundations
for their compositions.
One central question traversing all of the various topic areas deals
with the diverse roles which the visual arts can play in the production
of instrumental and vocal music, e. g. questions regarding settings of
origin and performance, personal comments of the composers about their
work, personal relations between composers and artists etc. The visual
source material can serve on a metaphorical level or as a direct source
of inspiration for the composer, as seen from the history of the music's
origins – but is not necessary to understand the music itself – or
comprehending this visual source material is esthetically prerequisite
for understanding the music. In the latter case, research must indicate
the extent to which the extra-musical subject matter determines the
musical realization, whether – seen as a whole – new or unusual musical
ideas have been posited, or whether a visual source can become
meaningful and significant for individual musical parameters.
At present the database includes some thousands musical compositions
as well as visual works of art, all of which have been digitally
registered and partly cross-indexed with the following metadata:
Composers |
|
Compositions |
Main title of composition; Additional main title if applicable
Year of origin
Opus number
Instrumentation
Movement titles
Librettist/Text (with vocal works)
Publisher, place and year of publication; Link to the website of the publisher, if applicable
Adaptations
Comments on composition
|
Artists |
|
Artworks |
|
The objective of the present database includes a continuation and
encyclopedic compilation of musical compositions based on visual
artworks. Furthermore, the missing metadata is to be supplemented and
completed.
At the beginning the compositions based on visual arts were collected
by studying catalogues, concert programs and websites as well as by
cooperating with RIdIM (Répertoire International d’Iconographie
Musicale, New York). In the meantime various media companies, composers,
artists, musicologists and art historians inform us about compositions
based on visual arts. Sincere thanks are given to all who helped to
update and expand the database.
Non-German readers are advised that the search engine often responds
only to the German spelling of names: Stravinsky or Schoenberg will
result in zero responses, because it is Strawinsky and Schönberg. The
articles “Der”, “Die”, “Das” are treated as the first words of a title
in alphabetical lists of compositions and paintings.
Monika Fink, Innsbruck 2024
Project management
Univ.-Prof. Mag. Dr. Monika Fink: monika.fink@uibk.ac.at (Publications)
Project assistant
Miriam Mira Reiber, BA BA MA: Miriam.Reiber@uibk.ac.at
Former project assistants
Dipl.-Ing. (FH) Mag. Dr. Andrea Sammer, Mag. Dr. Lukas Christensen
We appreciate any further feedback on the compositions based on visual arts: monika.fink@uibk.ac.at
We are grateful for Alfred Kuhn's (music documentation, Saarländischer Rundfunk, Saarbrücken) many helpful comments.